Sony HitBit HB-75P (1984 bis 1987)


Dezember 1984, Klein-Eike ist 12. Zu Weihnachten soll ein Computer her, die Wahl fällt zwischen zwei Systemen: MSX und… ich weiß das zweite nicht mehr, aber es war keins der weit verbreiteten, kein C64 oder so. Ich habe zum MSX tendiert – und es ist dann auch ein MSX geworden.

Mein erster Computer

MSX war – seinerzeit absolut unüblich – kein proprietäres System eines einzelnen Herstellers, sondern ein Standard. MSX-Rechner gab es unter anderem von Canon, Casio, Daewoo, Fujitsu, Hitachi, Mitsubishi, Philips, Pioneer, Samsung, Sanyo, Sony, Toshiba und Yamaha. Gemeinsam hatten sie Mindestanforderungen an die Hardware (die aber von den meisten Rechnern überschritten wurden) sowie die eingebaute Programmiersprache MSX-BASIC. Die stammte übrigens von Microsoft und hat dem System auch den Namen gegeben: Microsoft Extended BASIC. MSX war weltweit gesehen wohl ziemlich erfolgreich – in Deutschland aber leider nicht sehr.

Der Sony HitBit HB-75P verwendete den für MSX-1 vorgeschriebenen und damals verbreiteten Prozessor Z80A mit 3,58 MHz (heute hat man eintausend Mal so viel, und zwar pro Prozessorkern), 64 KB RAM (vorgeschrieben waren 8 KB, heutzutage hat man das Millionfache), eine Auflösung von 256 mal 192 Pixeln (hier ist man üblicherweise “nur” beim Vierzigfachen), … Die Hardware war damit auf der Höhe ihrer Zeit. Das BASIC war im Vergleich etwa zum C64 sogar ziemlich fortgeschritten und machte zum Beispiel Grafikprogrammierung ziemlich einfach.

Das Weihnachtsgeschenk ging mit einem Missverständnis einher. Mein Vater sagte, ich darf nicht an den Computer ran, ohne die Anleitung gelesen zu haben. Immerhin hatte der damals 1000 Mark gekostet! Er hatte die dünne Benutzeranleitung gemeint – Wie kriegt man den Computer an und wieder aus? Darf man ihn unter der Dusche verwenden? – , was ich aber daraufhin gelesen habe, war das dicke BASIC-Programmier-Handbuch. Ich habe dann auch von Anfang an kleine Progrämmchen geschrieben. Mir gefällt der Gedanke, dass dieses Missverständnis mich zum Programmierer gemacht hätte. Ich wäre aber bestimmt auch sonst der Faszination der Informatik erlegen. Übrigens fehlten mir dafür lange grundlegende Informationen aus dem Benutzerhandbuch, zum Beispiel, wie man ein endlos laufendes Programm abbricht.

Aber natürlich ist ein großes Interesse eines Zwölfjährigen an einem Computer auch das Spielen. Man konnte Spiele von einem angeschlossenen Kassettenrekorder laden. Der “Bitcorder” wurde speziell für diesen Computer verkauft (auf dem Foto links), aber ein normaler Kassettenrekorder hat auch funktioniert, soweit ich mich erinnere. Außerdem konnte man Spiele als Hardware-Modul (”Cartridge”, rechts über der roten Taste eingesteckt) kaufen, wie man es von älteren Spielkonsolen kennt. Konami, die wohl die besten Spiele für MSX produzierten, haben diese Möglichkeit genutzt. Später wurde in den Modulen sogar zusätzliche Hardware verbaut, zum Beispiel ein besserer Soundchip als der Rechner mitbrachte.

Athletic Land

Athletic Land (Originalauflösung.)

Ich weiß gar nicht mehr, ob ich zum Computer gleich mein erstes Spiel bekommen habe, aber das hat auf jeden Fall nicht lang auf sich warten lassen. Es hieß Athletic Land. Ein Kind musste durch einen Parcour laufen und hüpfen, über einen See und Lianen, Tonnen, Teiche, aus denen später Fische hüpften, Bienen, Bälle, … Wenn man einen Bildschirm nach rechts verlassen hatte, tauchte man links im nächsten auf. Ich weiß noch, wie aufgeregt ich war, als ich schlafen ging, nachdem ich es den ersten Tag gespielt hatte. Ich war bis Bild sechs gekommen, wo zum ersten Mal die Teiche auftauchten. Später habe ich auch mal die ersten 100 Level geschafft. Es ging dann noch weiter, aber für mehr fehlte mir dann doch die Motivation. Man muss bedenken, dass man immer komplett von vorne anfangen musste, wenn man seine drei Leben ausgehaucht hatte…

Als die Computer-Welt sich weiterdrehte, wurde ein Nachfolgestandard entwickelt, MSX-2. Mein MSX-Rechner, dadurch zum MSX-1 “degradiert”, wurde durch einen MSX-2-Rechner, ebenfalls von Sony, ersetzt. Wann genau, weiß ich nicht mehr, aber ich schätze, es dürfte 1987 gewesen sein. Trennen konnte ich mich aber nicht von meinem ersten Computer. Er steht in seiner Original-Verpackung hinter mir. Und ich habe es heute ausprobiert… Er läuft lebt noch. Da der Rechner damals schon das neue SCART hatte, und mein Fernseher noch das alte SCART hat, war es sogar ganz leicht, ihn in Gang zu bringen. Es war ein besonderer Moment für mich.

Trotzdem ist es heutzutage praktischer, die Software auf einem Emulator laufen zu lassen. OpenMSX emuliert zahlreiche MSX-Rechner inklusive der Zusatz-Hardware, die in Cartridges steckte, und wird immer noch aktiv entwickelt und unterstützt. Damit ist auch das Bildschirmfoto von Athletic Land entstanden.

Ein kleines Denkmal habe ich meinem ersten Computer gesetzt: Sein Bild wird in der Wikipedia verwendet. Und zwar nicht nur in Deutschland, wo ich es selbst eingestellt habe, sondern auch in Spanien, Frankreich, Italien, Finnland, Polen und Russland. Und sein Foto ist derzeit das erste Bild in einem langen Artikel über den Standard aus dem Land, in dem MSX am bedeutendsten war: Japan.

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